Wieder ein Jahr verschenkt - ein Kommentar zu den heurigen Kollektivvertragsverhandlungen

Die Kollektivvertragsverhandlungen des Jahres 2007 wurden von den Gewerkschaften mit Bergen an Vorschusslorbeeren bedacht. In Anbetracht der blendenden wirtschaftlichen Situation und der Rekordgewinne der Unternehmen müssen es zu richtig ordentlichen Abschlüssen kommen. Vollkommen richtig.
Tatsächlich hat unsere VerhandlerInnen dann aber leider der Mut verlassen. Die Abschlüsse sind weit hinter den Erwartungen zurück geblieben – selbst hinter denen von Sozialminister Buchinger, der sich 4% erwartet hatte. Die Abschlüsse werden die mittlerweile von bürgerlichen Medien mit Krokodilstränen beweinten jahrelangen Reallohnverluste nicht umkehren können. Im besten Fall können sie diese – vorausgesetzt die Inflation steigt 2008 nicht weiter so schnell wie in den letzten Monaten – zeitlich begrenzt stoppen.
In Wirklichkeit haben wir aber ein ganz anderes Problem. Bis Ende der 1970er – also bis zu dem Zeitpunkt als der Anteil der Löhne am Volkseinkommen zu sinken begann – war es vollkommen klar, dass die Lohnabschlüsse in etwa das Wirtschaftswachstum plus der Inflationsrate ausmachen. Seither hat sich das verändert – nun heißt es Inflation plus ein gerechter Anteil am Wirtschaftswachstum. Wie hoch dieser „gerechte Anteil“ ist, steht in den Sternen. Darum wird er auch fast jedes Jahr kleiner. Sonst hätten die Abschlüsse heuer – je nach Berechnungsart – zwischen 8 und 10 Prozent liegen müssen.
Aber es hat auch positive Einzelaspekte gegeben, an denen es in den nächsten Jahren anzuknüpfen gilt – einen Sockelbetrag bei den Handelsbeschäftigten, der die BezieherInnen geringer Einkommen bevorzugt, und eine Lohnerhöhung von fast 13% bei den ZahnarzthelferInnen, wenn auch unbestreitbar ausgehend von einem sehr geringen Niveau.
Wir müssen also nicht mehr nur über die Grenzen schauen, um sehen zu können, was möglich und notwendig ist. Daran gilt es für die nächstjährigen Verhandlungen anzuknüpfen. 12% für alle würden gerade einmal die Reallohnverluste der letzten 15 Jahre ausgleichen. Wenn wir dazu die Inflation und das Wirtschaftswachstum rechnen, kämen wir auf eine wirklich „gerechte“ Lohnforderung. Wäre doch schön, wenn diese nächstes Jahr der ÖGB aufstellen würde. Dafür sollten wir alle gemeinsam kämpfen. Die Zeit der Zurückhaltung ist endgültig vorbei!

Axel Magnus, Betriebsratsvorsitzender SDW und Mitinitiator der Kampagne „Wir sind ÖGB“