KindergartenpädagogInnen fordern einheitliche Standards für ganz Österreich: Protest gegen unzumutbare Bedingungen in elementaren Bildungseinrichtungen

Zu viele Kinder, zu viel unterschiedliche Gesetze, zu wenig Platz, zu wenig Zeit und zu wenig Gehalt - so lassen sich die Rahmenbedingungen der ElementarpädagogInnen (Kindergarten und Hort) zusammenfassen, gegen die Betroffene heute Nachmittag lautstark vor dem Bundeskanzleramt protestierten: Mit der Aktion „Achtung Einsturzgefahr" demonstrierten die PädagogInnen eindrucksvoll, was mit der Bildung passiert, wenn das Fundament der Rahmenbedingungen nicht mehr passt - das System droht einzustürzen. Organisiert haben die Aktion die Berufsgruppe der Kindergarten- und HortpädagogInnen Wiens (BKHW) und die Vernetzungsgruppe der Wiener BetriebsrätInnen der privaten Kinderbetreuungseinrichtungen, mit Unterstützung der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) Wien.
„In Wien fehlen zur Zeit bis zu 450 Kindergarten- und HortpädagogInnen, österreichweit sind es rund 1.000", erklärte Karin Samer, Betriebsratsvorsitzende der Wiener Kinderfreunde. Das liege aber nicht an der fehlenden Ausbildung, sondern daran, dass viele schon während der Ausbildung bemerken, wie wenig Theorie und Praxis zusammenpassen: „Wir haben zu wenig Zeit für die Kinder, für die Eltern und für die Teamarbeit. Oft bleibt nicht einmal Zeit für die Vor- und Nachbereitung." Nur rund 30 Prozent der fertig ausgebildeten PädagogInnen beginnen ihre Arbeit in einem Hort oder Kindergarten, viele davon geben außerdem nach einigen Jahren wegen der Rahmenbedingungen auf, so Samer: „Dieser Zusammenschluss der ElementarpädagogInnen ist deswegen notwendig, um die Politik mit vereinten Kräften aufzufordern, die Strukturqualität zu verbessern."
Kritisiert werden die Gruppengröße von 25 Kindern, denen eine Pädagogin und eine halbe Helferin zustehen, der enorme Zeitdruck, der sich daraus ergibt und der „Fleckerlteppich" an gesetzlichen Bestimmungen. „Das bedeutet neun verschiedene Gesetze und eine Vielzahl von Richtlinien sowie unterschiedliche Gehaltsstrukturen - wir brauchen aber einheitliche Standards für jedes Kind in Österreich", fordert Regina Huprich, Betriebsratsvorsitzende der St. Nikolaus-Kindertagesheimstiftung in der Erzdiözese Wien. In diesem Sinne sind die Betroffenen auch nicht zufrieden mit dem „Bundesländerübergreifenden Bildungsrahmenplan für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich" (BRP), der 2009 österreichweit erstellt wurde, ohne die PädagogInnen zu involvieren, wie Huprich erklärt: „Grundsätzlich begrüßen wir eine bundesländerübergreifende Bildungsinitiative wie den Bildungsplan natürlich, aber nur, wenn auch die Rahmenbedingungen passen - das ist hier nicht der Fall." Salzburger KindergartenpädagogInnen haben den Bildungsplan deswegen bereits mit der Post an die Bildungsministerin zurückgeschickt, mit weiteren Aktionen ist im Herbst zu rechnen: „Wenn es der Politik ernst ist mit den Aussagen, dass Bildung im Kindergarten beginnt, dann muss sie auch dementsprechend handeln", brachte es Barbara Teiber, Regionalgeschäftsführerin der GPA-djp Wien, zum Abschluss der heutigen Aktion auf den Punkt.

GPA-djp-Presseaussendung vom 11.06.2012