Aufruf der Zivilgesellschaft gegen Bedrohungen des EU-USA-Handelsdeals

"Es darf nicht sein, dass einseitige Profitinteressen großer Konzerne auf Kosten des öffentlichen Interesses mit dem Handelsabkommen durchgesetzt werden", so AK Präsident Kaske im Hinblick auf die laufende fünfte Verhandlungsrunde des geplanten EU-USA-Handelsabkommens (TTIP). Nicht nur der Verhandlungsprozess hinter verschlossenen Türen stößt auf breite gesellschaftliche Kritik, auch die Verhandlungsinhalte selbst bergen zahlreiche Gefahren für die Interessen der Öffentlichkeit. Die AK fordert daher ein Aussetzen der gesamten Verhandlungen mit den USA und eine umfassende und breite öffentliche Diskussion über alle Verhandlungsinhalte. In einer gemeinsamen Erklärung warnen über 120 Organisationen der Zivilgesellschaft aus ganz Europa vor den Gefahren, die von den TTIP-Verhandlungen ausgehen und stellen gemeinsame Forderungen auf. Die AK beteiligt sich an dem europaweiten Aufruf, der deutliche Kritik an der gegenwärtigen Ausrichtung der Handelsgespräche übt.

Ausländischen Investoren sollen kein privilegiertes Klagerecht bekommen

Die AK und die anderen unterzeichnenden Organisationen der gemeinsamen Erklärung lehnen insbesondere die geplanten Investitionsschutzbestimmungen ab, die ausländischen Investoren aus den USA privilegierte Klagerechte einräumen würden. Es darf nicht sein, dass ausländische Unternehmen bei sich ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie neuen Umwelt-, Gesundheits- oder Sozialgesetzen den Staat auf Schadensersatz für etwaige Gewinneinbußen klagen können. Das Investor-Staat-Schiedsverfahren würde auch bedeuten, dass Multis die nationale Gerichtsbarkeit umgehen könnten und für sie viel weitreichendere Entschädigungszusagen als für inländische Unternehmen gelten würden. Diese Ungleichbehandlung ist abzulehnen. Das demokratische und souveräne Recht, zum Schutz der Allgemeinheit zu regulieren, darf nicht eingeschränkt werden.

Keine Möglichkeit zur Stellungnahme

Die derzeit von der EU-Kommission durchgeführte Konsultation zum Investitionsschutz im TTIP ist aus Sicht der AK eine Farce. Diese sieht etwa keine Möglichkeit vor, zur umstrittenen Frage, ob es überhaupt ein Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren geben soll oder nicht, Stellung zu beziehen. Indem die Kommission diese Diskussion erst gar nicht zulässt, ignoriert sie die massiven Bedenken der kritischen Öffentlichkeit.

Forderungen

Die AK setzt sich darüber hinaus für folgende Forderungen ein, die auch in der gemeinsamen Erklärung enthalten sind:
* Transparente Verhandlungen: Die Verhandlungsdokumente sollen der Bevölkerung zugänglich gemacht werden.
* Hohe Schutzstandards für ArbeitnehmerInnen, KonsumentInnen, Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Datenschutz und Umwelt  müssen Vorrang vor einseitigen Wirtschaftsinteressen haben. Sie dürfen im Zuge der Verhandlungen nicht abgesenkt werden.
* Die aktuellen Pläne eines transatlantischen Rates zur Regulierungskooperation, der nach Abschluss der Verhandlungen einen dauerhaften intransparenten Prozess zur Angleichung und Anerkennung von unterschiedlichen Regulierungen in der EU und den USA in Kraft setzen soll, werden abgelehnt.
* Dienstleistungen der Daseinsvorsorge müssen von dem geplanten Abkommen ausgenommen werden – wie etwa Bildung, Gesundheits- und soziale Dienstleistungen, Wasserversorgung und Abwasser- und Müllentsorgung.
* Ein Abkommen zwischen der EU und den USA, in dem die Ratifizierung und Einhaltung international anerkannter Arbeitsstandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nicht verankert wird und Verstöße dagegen nicht eingeklagt werden können, ist inakzeptabel. 

Arbeiterkammer Wien, 21.05.2014