ArbeitnehmerInnen zahlen zwei Drittel des Steueraufkommens
Lohnsteueraufkommen steigt schneller als Einkommen und Beschäftigung

"Österreich braucht eine Steuerstrukturreform", sagt ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser anlässlich der heute von der Statistik Austria präsentierten Zahlen zum Lohnsteueraufkommen im Jahr 2011. "Die Lohnsteuer ist höchst ergiebig, das Aufkommen steigt überproportional im Vergleich zu den Lohnerhöhungen, aber auch im Vergleich zur Beschäftigung. Deshalb ist es jetzt an der Zeit, die Steuerbelastung von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu den Reichen zu verlagern: Wir brauchen eine Vermögenssteuer", fordert Oberhauser.

Vermögen besteuern statt innerhalb der ArbeitnehmerInnen umverteilen

2011 konnte die Finanzministerin insgesamt 69,8 Milliarden Euro an Steuern einnehmen - davon haben die ArbeitnehmerInnen 21,8 Milliarden als Lohnsteuer beigetragen und 23,4 als Mehrwertsteuer. Dazu kommt noch ein großer Anteil am Verbrauchssteuer-Aufkommen, vor allem an der Mineralölsteuer. "Grob gesagt: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen zwei Drittel des gesamten Steueraufkommens. Das Ziel einer Steuerstrukturreform muss daher lauten: Belastung der großen Vermögen, Entlastung der Arbeitseinkommen. Kleine Korrekturen innerhalb des Lohnsteuertarifs sind zu wenig, sie verteilen nur innerhalb der Gruppe der ArbeitnehmerInnen um, ändern aber genau gar nichts daran, dass die großen Vermögen so gut wie gar nichts zum Gesamtsteueraufkommen beitragen", so Oberhauser.

Beim Vermögen gibt es keine Mittelschicht

Dem Totschlagargument, dass Vermögensbesteuerung lediglich den Mittelstand belasten würde, kann Oberhauser nichts abgewinnen: "So etwas wie eine Mittelschicht gibt es bei der Vermögensverteilung nicht, das hat erst vor kurzem eine Studie der OeNB bestätigt." Das Nettovermögen in Österreich ist ausgesprochen ungleich verteilt. Die große Mehrheit besitzt sehr wenig, ein paar wenige sind reich. Annähernd 40 Prozent der Haushalte haben ein Nettovermögen (Finanz-und Sachwerte minus Schulden) zwischen 0 und 50.000 Euro, elf Prozent aber ein Vermögen von mehr als 500.000 Euro.
Keinen Spielraum sieht Oberhauser jedoch für Senkungen der Unternehmensbesteuerung. "In den vergangenen Jahren ist die Wirtschaft laufend mit Steuerermäßigungen und -geschenken bedacht worden: Abschaffung der Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer-Senkung von 34 auf 25 Prozent, Gruppenbesteuerungsprivilegien, Gewinnfreibetrag und so weiter. Jetzt sind die ArbeitnehmerInnen dran mit der Entlastung", erinnert Oberhauser.

Statistik bestätigt Einkommensschere

Die Statistik Austria bestätigt mit ihren heute präsentierten Zahlen erneut die weit offene Einkommensschere zwischen Männern und Frauen. "Die Hälfte aller Lohnsteuerpflichtigen sind Männer, sie erhielten aber 62 Prozent der Bruttobezüge. Das Einkommen der Frauen muss erhöht werden", fordert sie deshalb. Der Mindestlohn müsse auf 1.500 Euro erhöht, vor allem in den Niedriglohnbranchen müssten die Löhne kräftig angehoben werden. Es brauche ausreichend Arbeitsplätze und Kinderbetreuung, um Frauen Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Oberhauser: "Hier schließt sich der Kreis: Mit einer ordentlichen Vermögenssteuer wäre genug Geld für mehr Kinderbetreuungsplätze vorhanden. Mehr Frauen könnten dadurch arbeiten, was wiederum auch das Lohnsteueraufkommen erhöhen würde."

ÖGB, 08.11.2012