Wienerinnen arbeiten ab 22. Oktober gratis
Wien ist beim Schließen der Einkommensschere aber deutlich erfolgreicher

"Frauen bekommen für ihre Arbeit immer noch deutlich weniger Geld als Männer. In erster Linie ist die Wirtschaft gefragt, wenn es darum geht, die Einkommensschere zu schließen, und die Bundespolitik, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Dass aber auch die Regionalpolitik großen Einfluss auf faire Lohnbedingungen hat, sieht man an der Tatsache, dass große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen", sagt ÖGB-Frauenvorsitzende und -Vizepräsidentin Sabine Oberhauser. In Wien müssen die Frauen "erst" ab 22. Oktober gratis arbeiten, während der Equal Pay Day für ganz Österreich bereits am 8. Oktober erreicht war.
"Im Schnitt verdienen Vollzeit arbeitende Frauen in Österreich 2013 um 23,2 Prozent weniger als Männer. Ab 8. Oktober haben Männer bereits jenes Einkommen erreicht, wofür Frauen noch bis Jahresende arbeiten müssen", so Oberhauser: "In Wien ist der Einkommensunterschied mit 19,2 Prozent im Bundesländervergleich am geringsten, daher findet der Wiener Equal Pay Day erst zwei Wochen später statt."

Einkommensschere schon bei den Lehrlingen weit offen

Oberhauser: "Die Wienerinnen stehen besser da als die Frauen in den anderen Bundesländern, aber das ist bei weitem nicht genug. Wir sind erst zufrieden, wenn der Equal Pay Day auf den 31. Dezember fällt. Die Ungleichbezahlung von Frauen und Männern beginnt übrigens schon beim Berufseinstieg." Während immerhin 38 Prozent der Männer in der ersten unselbständigen Erwerbstätigkeit nach der Lehre mehr als 1.800 Euro brutto verdienen, sind es bei den Frauen gerade einmal neun Prozent.
Die Anrechnung von Vordienstzeiten, die Einstufung sowie Zulagensysteme erweisen sich für Frauen als zusätzliche Einkommensfallen. Das schlägt sich nicht nur im geringeren Einkommen während der Erwerbsarbeit nieder, sondern auch in der Pension und erhöht das Risiko von Altersarmut. Oberhauser: "Lohn- und Gehaltsgerechtigkeit ist eine Voraussetzung, um die Einkommensentwicklung der Frauen an jene der Männer anzugleichen. Neben umfassenden Maßnahmen am Arbeitsmarkt und auf Unternehmensebene braucht es gesellschaftliche Veränderungen - vom Aufbrechen veralteter Rollenbildern bis zur Arbeitsbewertung. Diskriminierungen müssen betrieblich aufgezeigt, öffentlich thematisiert und sanktioniert werden. Jeder Euro, der Frauen weniger bezahlt wird, hat individuelle und gesamtwirtschaftliche Konsequenz."

Die ÖGB-Frauen fordern:
* Kollektivvertraglicher Mindestlohn bzw. -gehalt von 1.500 Euro.
* Verpflichtung zur Einkommensangabe in allen Stelleninseraten.
* Weiterentwicklung der Einkommensberichte.
* Verankerung von Frauenförderung als erzwingbare Betriebsvereinbarung.
* Nachweisliche betriebliche Frauenförderung als Voraussetzung für die Vergabe bestimmter Unternehmenssubventionen und öffentlicher Aufträge.
* Mehr Frauen in Führungspositionen in Unternehmen und Institutionen mit dem Ziel, schrittweise den Frauenanteil der Beschäftigten auch im Management zu repräsentieren.
* Anrechnung der Karenzzeiten auf alle dienstzeitabhängigen Ansprüche (analog Präsenz- und Zivildienst).
* Höhere Gehälter der Beschäftigten in frauendominierten Branchen, insbesondere im Dienstleistungssektor, im Bereich Gesundheit und Pflege, im Sozialbereich, sowie in allen Bereichen der Bildung.

ÖGB-Frauen, 21.20.2013