Änderungskündigungen und Lohndumping bei sozialen Dienstleistern: Mitarbeiter beschließen in Betriebsversammlungen für ihr Recht zu kämpfen. – Angebot der Pro mente Geschäftsführung abgelehnt

Mehr als 600 Pro Mente Mitarbeiter fanden sich gestern, Donnerstag, in der Leondinger Kürnberghalle zu einer Betriebsversammlung ein. Und schon am Freitagvormittag versammeln sich Betriebsrat, Belegschaft und Gewerkschaftsvertreter, um die Situation der EXIT-sozial Beschäftigten und die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer tragbaren Lösung zu diskutieren.
Die Aufforderung der Pro mente Geschäftsführung, die vom Land OÖ als notwendig erachteten Verschlechterungen bestehender Dienstverträge mitzutragen, um so Änderungskündigungen abzuwenden, sorgte für Entrüstung bei den anwesenden Mitarbeitern. Nach intensiven Beratungen wurde eine einstimmige Resolution (mit einer Stimmenthaltung) verabschiedet, die diese Vorgehensweise ablehnt.
Die Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck-Journalismus-Papier (GPA-DJP) begleitet die Mitarbeiter von Pro mente und EXIT-sozial seit Monaten bei ihrem Kampf gegen Zweiklassen-Dienstverträge und Änderungskündigungen unter dem Deckmantel falscher Fakten. Andreas Stangl, gf. Regionalgeschäftsführer der GPA-DJP OÖ, war bei der Betriebsversammlung anwesend und kündigte an, die Beschäftigten bei allen weiteren Maßnahmen voll gewerkschaftlich zu unterstützen.

Die Vorgeschichte

Als Hebel benutzen Land OÖ und die Dienstgeber den sog. BAGSKollektivvertrag (Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheits- und Sozialberufe), der seit 2004 als Leitkollektivvertrag für die rund 70.000 Beschäftigten in Österreich gilt. Im Gegensatz zu anderen KV’s im Sozialbereich (etwa Caritas oder Diakonie) sieht der BAGS-KV keine Extra-Absicherung der Gehälter aus „alten“ Dienstverträgen vor, wofür Dienstgeber und der Finanzlandesreferent die Verantwortung tragen.
Anfang 2008 teilte das Land OÖ Pro mente und EXIT-sozial mit, dass das Personalbudget für MitarbeiterInnen im „alten“ Gehaltssystem bis 2014 gar nicht (bei EXITsozial) bzw. um 1,65% (Pro mente) erhöht wird. Die Inflationsrate betrug 2007 2,2%. Da beide Dienstleister zum überwiegenden Teil langjährige MitarbeiterInnen beschäftigen, wird deren monatliches Durchschnittsgehalt von derzeit ca. 2.050 EUR auf ca. 1.780 EUR sinken. Außerdem werden sämtliche bisherigen Sozialleistungen gestrichen.
Während das Land OÖ für die Landesbediensteten und die MitarbeiterInnen der GESPAG durch jahrzehntelange Übergangsregelungen das alte Landesgehaltsschema absichert, betreibt man bei den Beschäftigten von privaten Dienstleistern, die für das Land soziale Leistungen erbringen, härtestes Lohndumping!

Normkostenmodell


Ebenfalls problematisch ist das Normkostenmodell des Landes OÖ, welches die Finanzierung der sozialen Leistungen festlegt und auf einer mittleren Entlohnungsstufe beruht. Um den Preisen, die das Land zu zahlen bereit ist, gerecht zu werden, werden die Dienstleister künftig regelmäßig langjährige MitarbeiterInnen kündigen und neues Personal in niedrigeren Lohnstufen einstellen (müssen). Das Land agiert als Nachfragemonopolist bei sozialen Dienstleistungen und bestimmt den Preis, ohne Rücksicht auf die Menschen zu nehmen, die diese Leistung erbringen. Dagegen protestierten bereits im November mehr als 1.500 Betroffene vor dem Linzer Landhaus.

GPA-DJP-Presseaussendung vom 08.02.2008