Katzian: Sinkende Krankenstände kein Grund zum Jubeln - Zielgerichtete Gesundheitsprävention und besseres Arbeitszeitmanagement unerlässlich

"Die heute von der Wiener Gebietskrankenkasse veröffentlichten Daten zur Entwicklung der Krankenstände sind kein Grund zum Jubeln und kein Indiz dafür, dass die Beschäftigten generell gesünder geworden sind. Weit aussagekräftigere Parameter für den Gesundheitszustand der ArbeitnehmerInnen sind etwa die Burn-out-Quote oder die Zahl der Frühpensionierungen aus gesundheitlichen Gründen", warnt  der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) Wolfgang Katzian vor vorschnellen Schlussfolgerungen.
"Aus Untersuchungen und den Berichten vieler Betriebsrätinnen und Betriebsräten wissen wir, dass gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten die Tendenz zunimmt, aus Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes trotz Krankheit arbeiten zu gehen. Das ist sicher auch ein wesentlicher Grund für die aktuelle Entwicklung", so Katzian.
"Gleichzeitig haben wir es nach wie vor mit extrem besorgniserregenden Entwicklungen zu tun, die Grund zum Handeln geben. So ist die Zahl jener, die aufgrund psychischer Probleme vorzeitig in Pension gehen, in den vergangenen sechs Jahren um 37 Prozent angestiegen."
"Statt den Druck weiter zu erhöhen - z.B. über zum Teil unangemessene  "Krankenstandsrückkehrgespräche" bis tief in die Privatsphäre der betroffenen hinein - sind alle Unternehmen angehalten, in den Bereich der qualitativen betrieblichen Gesundheitsvorsorge mehr zu investieren. Eine Modernisierung der Gesundheitsprävention muss insbesondere erzwingbare Betriebsvereinbarungen zur Umsetzung betrieblicher Gesundheitsförderung beinhalten", betont Katzian.
Die GPA-djp wird die Erfahrungen mit betrieblicher Gesundheitsvorsorge evaluieren und insbesondere auch Modelle entwickeln, die auch ArbeitnehmerInnen aus kleinen und mittleren Betrieben eine betriebliche Gesundheitsförderung ermöglichen. Katzian kündigte auch an, das Thema "Krankenstandsrückkehrgespräche" und die automationsunterstützte Aufzeichnung von Daten rund um Krankenstände auf die gewerkschaftliche Agenda zu nehmen. Nach Ansicht von Katzian sind in manchen Unternehmen offenbar auch unzulässige Softwareprogramme in Anwendung, welche die systematische Aufzeichnung von Krankenstandsdaten bis hin zu den Krankheitsbildern ermöglichen. Die Herstellerhaftung für derartige rechtswidrige Softwareprogramme werde in der GPA-djp derzeit geprüft.
Auch beim Thema Arbeitszeit ist der Hebel anzusetzen, so Katzian. "Eine Reduktion der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit durch einen Abbau der geleisteten Mehrarbeit und Überstunden wäre ein wichtiger Hebel, den Gesundheitszustand der Beschäftigten dauerhaft zu verbessern. Grund zur Freude haben wir dann, wenn die Rate der gesundheitsbedingten Frühpensionierungen und die Burn-Out-Quote tatsächlich zurückgehen."

GPA-DJP-Presseaussendung vom 20.01.2011