Älter und gemobbt

In der Mobbingberatung des ÖGB Vorarlberg waren 2007 rund zwei Drittel der Rat- und Hilfesuchenden 45 Jahre und älter bzw. Frauen.
Jede(r) kann Opfer von Mobbing werden. In der Praxis zeigt sich aber, dass in hohem Maße ältere MitarbeiterInnen von ständigen An- und Untergriffen betroffen sind, die sie ausgrenzen und von ihrem Arbeitsplatz vertreiben. Wurde »Mobbing« vor Jahren noch als ein schwer eingrenzbares Randphänomen betrachtet, so hat mittlerweile die sozialwissenschaftliche Forschung zu einer deutlich besseren und klareren Datenlage geführt. So ist heute unbestritten, dass
* Mobbing weit verbreitet ist. Laut einer im Jahr 2007 von der Statistik Austria durchgeführten Befragung klagen rund 93.000 Männer und Frauen über Belästigungen und Mobbing. Andere Studien wie die der AK Salzburg schätzen, dass bis zu 300.000 Beschäftigte in Österreich von Mobbing betroffen sind.
* Mobbing volks- und betriebswirtschaftlich Milliardenschäden verursacht. Den Unternehmen geht es dabei ans Geld, den Opfern aber an die psychische und physische Substanz.
Zunehmender Leistungsdruck, die Angst vor Arbeitslosigkeit gepaart mit unklaren Zuständigkeiten und Fehlern bei der Arbeitsorganisation bilden den Nährboden für Konflikte am Arbeitsplatz. Zu den sogenannten Risikogruppen zählen speziell junge Menschen, Frauen und – in der öffentlichen Debatte kaum wahrgenommen – die älteren ArbeitnehmerInnen.
Laut einer Mobbing-Studie wurden 13 Prozent von 2.000 Befragten bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber schon einmal systematisch schikaniert und diskreditiert. Bei den über 50-Jährigen hatte jede/jeder Fünfte bereits leidvolle Erfahrung mit Mobbing gemacht. Durch steten Druck sollen die Opfer dazu bewegt werden, freiwillig einen Posten zu räumen. Die Methoden:
* Vorenthalten von Informationen,
* bewusstes Schlechtmachen vor anderen,
* Verbreiten von Lügen und Gerüchten,
* Nichtbeachten und
* bewusste Fehlinformationen.
In der Mobbingberatung des ÖGB Vorarlberg, die im Jahre 1999 eingerichtet wurde, sprechen die Fallzahlen eine noch deutlichere Sprache. Im Jahr 2007 waren rund zwei Drittel der Rat- und Hilfesuchenden 45 Jahre und älter bzw. Frauen. Nach Branchen/Berufen gegliedert, zeigt sich, dass zwei Drittel aus dem öffentlichen Dienst kommen. Traurige »Spitzenreiter« bildeten die Bereiche Krankenhaus/Pflegedienste, Gemeinden, Städtische Verwaltung, Vereine und Schulen. Dies deckt sich mit internationalen Befunden. Laut dem Frankfurter Psychologen Prof. Dieter Zapf ist in bestimmten Arbeitsbereichen das Risiko, zum Mobbing-Opfer zu werden, besonders hoch. So weisen Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialbereich ein 7-faches Risiko, im Erziehungs- und Unterrichtswesen ein 3,5-faches und in der öffentlichen Verwaltung ein 3-faches Risiko auf.
Für den Vorarlberger ÖGB-Mobbing-Berater, Dr. Gerhard Pusnik, ist dies vor allem in den »sicheren« Dienstverhältnissen, aber auch den hohen kommunikativen Anforderungen begründet. Öffentlich Bedienstete sind bei Konflikten nicht so leicht »loszuwerden«. Im besten Fall bekommen ältere ArbeitnehmerInnen den »golden handshake«, im schlimmsten Fall werden sie teilweise brutal hinaus gemobbt.

Was tun?

Der ÖGB Vorarlberg hat vor bald zehn Jahren mit einer beispielhaften Initiative eine Beratungsstelle für Betroffene und Ratsuchende eingerichtet, die kompetente Erstberatung sowie Vermittlung und Mediation bei Konflikten und Mobbing am Arbeitsplatz anbietet. Wichtig ist uns die Weiterentwicklung der Beratungsstelle, um Betroffenen – insbesondere älteren DienstnehmerInnen – Hilfe und Unterstützung gegen die zunehmenden Belastungen und Zumutungen geben zu können.

Manuela Auer, ÖGB-Landesgeschäftsführerin und AK-Vizepräsidentin in Vorarlberg, in Arbeit&Wirtschaft 12/2008