Sozialstaat ausbauen statt einsparen: Die Sparpläne der Bundesregierung treffen den Gesundheits- und Sozialbereich besonders

Die GPA-djp hat immer wieder deutlich gemacht, dass die Aufteilung der Krisenkosten sozial gerecht erfolgen muss. Nicht die ArbeitnehmerInnen, die PensionistInnen oder die sozial Schwachen, die die Krise nicht verursacht haben, dürfen die Kosten aufgebürdet bekommen, sondern die Superreichen, die Krisengewinner und Spekulanten, müssen ihren gerechten Anteil übernehmen. Der nun vorliegende Kompromiss zur Budgetkonsolidierung ist daher an diesem Grundsatz zu messen. Er enthält sowohl sinnvolle als auch problematische Maßnahmen.
Unhaltbar sind für die GPA-djp die Belastungen, die vor allem Jugendliche, Studierende und deren Familien voll treffen. Die Kürzungen bei der Familienbeihilfe für Studierende bedeuten für die Betroffenen einen jährlichen Verlust von 2.685 Euro, das ist nicht sozial verträglich. Die soziale Selektion nach Zahlungsfähigkeit der Eltern wird sich weiter verfestigen.
Auch die Kürzung der Mittel für die Krankenkassen ist abzulehnen. Anders als eigentlich vereinbart sollen in den Kassenstrukturfonds nur 40 statt 100 Millionen Euro fließen. Damit droht die Konsolidierung der Gebietskrankenkassen zu scheitern, obwohl die Kassen die ihnen auferlegten Sparziele bereits erfüllt haben. Die unmittelbaren Folgen dieser Unterdotierung werden die Zahlungsunfähigkeit einzelner Kassen sowie Leistungskürzungen für die Versicherten sein.
Nicht umgesetzt wird unsere Forderung nach wichtigen Investitionen in den Gesundheits- und Sozialbereich (Sozialmilliarde). Zwar erhalten nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und Gemeinden einen Anteil an den neuen Steuern, jedoch ist nicht gewährleistet, dass diese zusätzlichen Einnahmen vor allem dem Sozialbereich und der Pflege zugute kommen werden. Das Finanzausgleichsgesetz wird zugunsten der Länder geändert, die Einnahmen aus Bankensteuer und Flugabgabe im Budgetbegleitgesetz als gemeinschaftliche Bundeseinnahmen eingestuft und daher im Verhältnis 67 Prozent Bund, 21,4 Prozent Länder und 11,6 Prozent Gemeinden aufgeteilt.
Ebenfalls aufgeteilt wird die Vermögenszuwachssteuer (KESt neu), da sie nicht als Vermögens- sondern als Einkommenssteuer gilt. Den Ländern stehen also im Jahr 2011 wesentlich mehr Mittel für die Erledigung ihrer Aufgaben zur Verfügung.
Sehr problematisch sind auch die Kürzungen beim Zivildienstgeld. Diese sind in zweifacher Hinsicht bedenklich. Einerseits kann die veranschlagte Einsparung von 4,4 Mio. Euro zu einer Verschärfung in der Finanzierung des Sozialbereiches und andererseits zu empfindlichen Einbußen für Zivildiener selbst führen. Bei dieser Zielgruppe kumulieren sich unter Umständen mehrere Einschnitte aus diesem Budget (z.B. Kürzung bei der Familienbeihilfe).
Aus Grund- und Menschenrechtserwägungen sind auch die angedachten Einsparungen bei Asylsuchenden unverständlich. Sowohl die verzögerte Aufnahmepolitik, die Streichung der Grundversorgung für AsylwerberInnen mit rechtskräftigem Negativbescheid, die Reduzierung des Personals bei den Asylgerichten und die Schließung eines Wiener Standortes betrachten wir auch im Sinne einer schnelleren Abwicklung von Verfahren als kontraproduktiv.
Die GPA-djp hat daher folgende Forderungen am Bundesforum beschlossen:
* die Definition von Meilensteinen für die großen Reformprojekte: Verwaltungsreform, Gesundheitsreform, Schulreform, Erreichung der Kyotoziele und Steuerstrukturreform.
* die umgehende Rücknahme der unverhältnismäßigen Kürzungen für Studierende und arbeitssuchende Jugendliche.
* dass Frauen, auch vor der abgeschlossenen Anpassung ihres Regelpensionsalters an jenes der Männe, dieselben Vorteile aus der Langzeitversichertenregelung haben.
* die Einhaltung der Vereinbarung mit den Gebietskrankenkassen. Der Kassenstrukturfonds muss mit 100 Mio. Euro nicht nur mit 40 Mio. Euro dotiert werden.
* die Anhebung des Hebesatzes bei der Krankenversicherung im ASVG.
* eine Zweckbindung der zusätzlichen Mittel, die Länder und Gemeinden aus Bankensteuer, Flugticketsteuer und Kapitalertragssteuer NEU erhalten, für die bessere Ausstattung des Sozialbereichs, der Pflege und der Gratiskindergärten um insbesondere auch den Beschäftigten im Sozial- und Pflegebereich adäquate Einkommen zu ermöglichen.
* einen angemessenen Ausgleich für die Erhöhung der Mineralölsteuer, eine stärkere Erhöhung der Pendlerpauschale sowie die Umstellung von Freibeträgen auf Absetzbeträge, die auch ArbeitnehmerInnen mit geringem Einkommen spürbar entlasten. Die Pendlerpauschale soll auch für alle Teilzeitbeschäftigten eingeführt werden.
* konkrete weitere Maßnahmen in Richtung Steuerstrukturreform. Dazu gehören die Wiedereinführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie eine Vermögenssteuer.
* die Rücknahme der österreichischen Sonderbestimmungen bei der Gruppenbesteuerung.
* eine nochmalige Überprüfung des Zugangs zum Pflegegeld (schon jetzt wird bei der Zuerkennung der Pflegestufen oft um jede einzelne Stunde gefeilscht) und eine regelmäßige Valorisierung aller 7 Pflegestufen.
* die Rücknahme der verfahrensverzögernden Maßnahmen für Asylsuchende.
* die Rücknahme der Kürzungen beim Zivildienstgeld.
* eine Höherdotierung der Offensivmaßnahmen sowohl im Bereich der Ganztagsschulen als auch der Universitäten.

GPA-djp, 11.11.2010

Passend zum Thema hat die Interessengemeinschaft work@social am Bundesforum der GPA-djp eine grüne und eine rote Karte verteilte. Diese sind hier nachzulesen.