Aktuelle Studie: Überlastung in den Gesundheitsberufen muss aufhören

Die Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen und die daraus resultierende Gefahr der Überlastung sind für Beschäftigte und PatientInnen nicht länger tragbar. Die Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsberufen müssen durch rasche Maßnahmen verbessert werden. Das ist die Kernaussage der heutigen Präsentation der Studie "Arbeitsbelastungen in den Gesundheitsberufen in Wien und Niederösterreich" durch VertreterInnen der AK und der Gewerkschaften GdG-KMSfB, GPA-djp und vida.
Im Auftrag der AK-Wien, AK-Niederösterreich und der Niederösterreichischen Ärztekammer hat die Sozialökonomische Forschungsstelle (SFS) die Arbeitsbedingungen und Arbeitsbelastungen in den Gesundheitsberufen am Beispiel Wien und Niederösterreich untersucht. Nach abgeschlossener Auswertung der Datensätze und zusätzlichen Interviews mit Beschäftigten der Gesundheitsberufe wurde diese Studie heute, Mittwoch, in der ÖGB-Zentrale Catamaran präsentiert.
Die Ergebnisse der Studie sind aus Sicht der AK und der Gewerkschaften GdG-KMSfB, vida und GPA-djp alarmierend. Gerda Mostbauer, Vorsitzende des Fachausschusses Gesundheitsberufe der AK Wien: "Die Beschäftigten gehen nur allzu oft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Sie sind wesentlichen Arbeitsbelastungen durch Arbeitsorganisation, psychischen und körperlichen Belastungen und durch Probleme im Umgang mit PatientInnen ausgesetzt."
"Die Beschäftigten werden mit ihren Problemen in hohem Maße allein gelassen", weiß Mostbauer. Rund die Hälfte der Befragten gibt an, im letzten Jahr keine Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung erhalten zu haben. Wie wichtig diese für die Betroffenen wäre, zeigt die Untersuchung ebenfalls: 70 Prozent fordern einen Rechtsanspruch auf betriebliche Gesundheitsförderung. Die Forderung der AK und der beteiligten Gewerkschaften: Eine Offensive zum Gesundheitsschutz soll rasch Abhilfe schaffen." Bernhard Harreither, Vorsitzender der Hauptgruppe II in der GdG-KMSfB (Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - Kunst, Medien, Sport, freie Berufe): "Für die Gewerkschaften kommt dieses erschreckende Studienergebnis nicht überraschend. Durch den Abbau von Überstunden im Pflegedienst ist der Gegenwert von 600 Vollzeitarbeitsplätzen eingespart worden." Die Beschäftigten in den Spitälern der Gemeinde Wien leisten heute deutlich mehr als noch vor zehn Jahren: Bereits umgesetzte Rationalisierungsmaßnahmen haben dazu geführt, dass auf jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin immer mehr Arbeit entfällt. Wenn jetzt auch noch wie geplant die rasche Nachbesetzung freier Dienstposten verzögert wird, steigt die Belastung für jene, die die Arbeit der Fehlenden mit erledigen, weiter an. Es werden heute mehr Leistungen für die gleiche Zahl an PatientInnen in weniger Spitalsbetten in immer kürzerer Zeit erbracht. Die GdG-KMSfB fordert daher die rasche Nachbesetzung dieser Dienstposten. Notwendig ist auch ein Stopp der fortgesetzten Einsparungsmaßnahmen.
Aktuell gibt es beim AMS Österreich 7.000 vorgemerkte freie Stellen im Gesundheitswesen, die nicht rechtzeitig besetzt werden können. Willibald Steinkellner, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft vida: "Zu wenige junge Menschen sind bereit, einen Beruf im Gesundheitsbereich zu ergreifen. Im Gesundheitswesen stehen wir in den nächsten 30 Jahren vor den größten Zuwachsraten bei der Nachfrage nach Pflege und Betreuung. Gleichzeitig steht das Gesundheitswesen unter ständigem Sparzwang." Hinzu kommt ein jetzt schon deutlicher Mangel an qualifizierten Fachkräften. vida fordert, dass allen Betreibern von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen per Gesetz ein Mindestpersonalschlüssel vorgeschrieben wird. Damit soll die personelle Unterbesetzung unterbunden werden. Zur kurzfristigen Verbesserung der Situation muss die Sozialmilliarde rasch umgesetzt werden. Zur nachhaltigen Finanzierung plädiert die Gewerkschaft für die Einführung eines Pflegefonds, der durch Vermögenssteuern gespeist werden soll. Um die Arbeitsbedingungen in der mobilen Betreuung und Pflege zu verbessern, muss außerdem eine Arbeitsplatzevaluierung durch das Arbeitsinspektorat auch in Privathaushalten ermöglicht werden.
Werden die Gesundheitsberufe nicht entlastet, drohen harte Konsequenzen. Barbara Teiber, Regionalgeschäftsführerin der GPA-djp-Wien: "Burn-Out ist eines der größten und dringendsten Probleme der Beschäftigten. Besonders wichtig erscheint uns, dass als erster Schritt unbedingt gesetzliche Standards eingehalten werden. Einen wichtigen Beitrag dazu leisten BetriebsrätInnen, wenn sie in Arbeitszeitbelangen das Mitspracherecht aktiv nutzen und die Arbeitszeiten einer strengen Kontrolle unterwerfen. Wir brauchen keine Infragestellung der Standards sondern im Gegenteil eine bessere Bezahlung und eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen."

ÖGB, 09.03.2011